Cleft ist das englische Wort für „Spalte“. Lippen-Kiefer-Gaumenspalte wird mit „Cleft Lip and Palate“ übersetzt.
Eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte ist angeboren. Die Kinder können also nichts dafür. Die Ursachen sind nicht eindeutig. Äußere Störfaktoren vor und während der Schwangerschaft, zum Beispiel Schadstoffbelastungen von Umwelt und Nahrungsmitteln sein, Sauerstoffmangel in Höhenlagen, ungünstige Lebensgewohnheiten (Alkohol, Nikotin, Drogen) sowie Mangelernährung und Erkrankungen der Mutter, können eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte zur Folge haben. Auch eine genetische Disposition kann die Entstehung der Fehlbildung begünstigen.
In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, als es noch keine medizinische Erklärung für die Entstehung der Fehlbildung gab, entstanden verschiedene Mythen um die Lippen-Kiefer-Gaumenspalte. Aus ihnen leiteten sich die Begriffe „Hasenscharte“ und „Wolfsrachen“ ab, die sich bis heute leider hartnäckig halten. Da sie von den Betroffenen berechtigt als diffamierend empfunden werden, sollte man auf die Verwendung unbedingt verzichten und den medizinisch korrekten Begriff „Lippen-Kiefer-Gaumenspalte“ verwenden.
Es gibt mehr als 100 unterschiedliche Formen, die im allgemeinen Sprachgebrauch unter dem Begriff „LKG-Spalten“ zusammengefasst sind. Von der Spaltbildung betroffen sind die Oberlippe und/oder der Gaumen. Es gibt ein- oder beidseitige Lippenspalten, mit und ohne Beteiligung des Kiefers. Bei einer Lippenspalte ist immer nur die Oberlippe betroffen. Circa 70 Prozent der Kinder haben zusätzlich zu ihrer Lippenspalte oder Lippen-Kieferspalte eine Gaumenspalte. Eine Gaumenspalte kann auch als isolierte Gaumenspalte auftreten.
Die Lippenspalte ist ein offensichtlicher “Makel”. Je nach Größe und Ausprägung sind Spaltkinder mehr oder weniger entstellt. Wegen ihres “Andersseins” werden sie verspottet und ausgegrenzt, leben mit ihren Familien am Rande der Gesellschaft.
Bei einer Gaumenspalte fehlt die Trennung von Mund und Nasenhöhle. Dadurch ist das Zusammenspiel der Lippen-, Zungen- und Gaumenmuskulatur gestört, hinzukommt eine veränderte Lage der Zunge, die sich nach hinten in den Spalt verlagert. Schwerwiegende funktionelle Störungen sind die Folge: das Schlucken und Atmen, die frühe Lautbildung, das Klangbild der Stimme sind davon betroffen. Hinzukommt, dass Spaltkinder anfälliger für Infekte sind.
Bei Babys können die Störungen beim Atmen und der Nahrungsaufnahme lebensbedrohlich werden. Dass Nahrung in die Nase gelangt, kann – wenn die Gaumenspalte nicht oder nicht fachgerecht geschlossen wird – auch später noch ein Handicap und mit Scham bei den betroffenen Patienten verbunden sein. Die Störungen im Bereich der Lautbildung haben eine verzögerte Sprachentwicklung zur Folge. Hördefizite verursacht durch chronische Mittelohrentzündungen können das Sprechen lernen zusätzlich erschweren. Durch ihre unklare Sprache und eine oft nasale Stimme werden die Kinder stigmatisiert.
Die Operation ist für ein Kind mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalte die erste und zentrale Therapiemaßnahme. Die Operation einer Lippenspalte wird in aller Regel in den ersten drei Lebensmonaten durchgeführt. Eine Gaumenspalte wird zwischen dem achten und elften Monat verschlossen. Im weiteren Verlauf sind oft weitere chirurgische Eingriffe nötig.
Je nach Umfang und Art der Fehlbildung sind Folgetherapien, oft bis ins junge Erwachsenenalter, nötig. Zu einer umfassenden interdisziplinären Behandlung einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte gehören vor allem Sprach- und Funktionstherapie, Kieferorthopädie und eine psychologische Betreuung. Die entsprechenden medizinischen Strukturen sind Voraussetzung, um Spaltkindern solch umfassende, langfristig angelegte Therapie zu ermöglichen.